Amazon Bewertungen Vor Dem Kadi
- Post by: WIchmann-Reiß
- 16/11/2019
- No Comment
Amazon erlaubt den Käufern Bewertungen über gekaufte Produkte abzugeben
Doch wer ist für diese Amazon Bewertungen haftbar zu machen ?
Und wen interessiert sowas überhaupt ?
Zumindest letzteres ist einfach zu beantworten. Der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) mit Sitz in Berlin, klagte gegen einen Amazon Anbieter. Der habe zu dem von ihm feilgebotenen Kinesiologie-Tapes werbende Aussagen gemacht. Schmerzen sollen durch dessen Verwendung gelindert werden.
Nun gibt es dafür keine wissenschaftlichen Belege und so wurde er vom VSV schon vor sechs Jahren abgemahnt. Er verzichtete daraufhin auf solch werbende Anpreisung. Die Strafzahung wurde ausgesetzt. Allerdings tauchte in seinen Bewertungen, bzw seinen Kundenrezensionen erneut viel Lobendes auf.
„Schnell läßt der Schmerz nach“, oder „Linderung der Schmerzen ist spürbar“ war da u.a. zu lesen.
Solcherlei Komentare riefen den VSV nun erneut auf den Plan. Nun sollte er bezahlen. Grund: der Tapeverkäufer habe sich die Aussagen seiner Kunden zueigen gemacht. Er hätte die Löschung verlangen müßen.
Aber das ist aber gar nicht so einfach. Denn der Verkäufer hatte dies schon versucht. Amazon reagierte aber nicht.
Der Abmahnverband argumentierete weiter, daß er dann eben das Produkt ganz von der Handelplattform nehmen muß und klagte.
Es stellt sich also die Frage:
ist der Anbieter für die Kommentare rechtlich verantwortlich, wenn dort in Rezensionen „geworben“ wird?
Die Juristen des VSW waren in den unteren Instanzen gescheitert.
Natürlich ist sich die Rechtsprechung bei der Beurteilung solcher Sachverhalte nicht einig. In einem anderen Fall urteilte das Landgericht München ebenfalls diesen Monat, daß Fakebewertungen rechtswidrig seien und gab damit der Klage eines Ferienportales recht. Holliday-Check hatte sich hier gegen Hotelbewertungen gewehrt, die wohl von den jeweiligen Hotelbesitzern gekauft worden waren.
- Anderes Gericht – andere Entscheidung:
Das Landgericht Essen befand die in den Kommentaren enthaltenen Aussagen zum Kinesiotape zwar „irreführend“, aber das sei keine Werbung. Und wenn doch, dann sei das nicht dem Verkäufer zuzuordnen.
Das Oberlandegericht Hamm als Berufungsinstanz sah das ganz genauso.
Ob der Kinesiotapeverkäufer seine Bewertungen ebenfals gekauft hat, ist nicht bekannt, wird vom VSW aber wohl vermutet.
Die Juristen des Verbandes geben nicht auf.
Nun ist der Bundegerichtshof gefragt
Der I. Zivilsenat verkündete in seiner Sitzung am letzten Donnerstag noch kein abschließendes Urteil zu der Sache. Zuerst saht es wohl so aus, als würde sich der BGH den Vorinstanzen anschließen. Aber dann kamen bei einigen Richtern doch Fragen auf
- wer kümmert sich darum, daß die strengen Vorschriften des Medizinproduktegesetzes auf Portalen eingehalten werden?
- kann es einem Verkäufer nicht doch zugemutet werden, seine Produktseiten ab und zu auf problematische Inhalte zu prüfen
- was tun, wenn Löschungen beantragt werden, diese aber „ungehört“ bleiben
Die obersten Zivilrichter werden nächsten Donnerstag ihre Entscheidung darüber bekannt geben, ob nun ein Verkäufer für irreführende Bewertungenzu seinen Produkten haftet (AZ I ZR/18)